Känguru-Frühchen Krümel im Glück Klingelbach, Hessen „Ich hab‘ nen
Sprachfehler, ich kann nicht nein sagen.“ Was sie damit meint, erklärt
Biga Kruse (63) auf einem Rundgang über ihren alten Bauernhof, der
Klingelbacher Mühle. Zusammen mit ihrem Mann Dieter betreibt sie eine
private Auffangstation für Wild- und Zootiere. Hier betreut die ehemalige
Flugbegleiterin große und kleine tierische Pechvögel. Ein freundlicher
Sumpfbiber, der mal am Ufer der nahen Lahn aufgegriffen wurde, begrüßt uns
am Eingang, er reckt den Kopf hoch, weil er am Kinn gekrault und dann am
Rücken von seiner Ziehmutter gekratzt werden will. Er ist Dauergast,
genauso, wie zwei flügellahme Störche, die auf ihrem Nest hinterm Haus
klappern. Der Rosa Kakadu in der Voliere hat nur einen Fuß, in einer
nachgebauten Baumhöhle wächst ein Käuzchen auf, das als Küken herkam und
Rehkitz Stevie, dessen Mutter kürzlich unters Auto geraten war,
schnabuliert Löwenzahn auf der Wiese. 23 Kängurus weiden auf dem 11 Hektar
großen Gelände. Allesamt Ziehkinder der letzten Jahre. Bei der Runde trägt
Biga eine Bauchbinde, aus der zwei Kängurubabys lugen. Eine Nummer kleiner
ist das dritte Känguru, das in einem flauschigen Frotteebeutel an ihrem
Busen schlummert - Krümel. “In der Beutelphase müssen sie für eine gesunde
Entwicklung tagsüber ständig bewegt werden.“ Sagt Biga und ohne Zweifel
gibt’s mit ihr Bewegung genug. Krümel ist der jüngste Notfall. Der
Tierarzt hatte den Däumling bei der Untersuchung eines im Zoo verstorbenen
Känguruweibchens gefunden. Nackt und völlig unterkühlt hatte das 120 Gramm
leichte Frühchen eigentlich keine Chance. Möglicherweise mit Biga Kruse
aber doch noch eine klitzeklitzekleine. Die Tierfreundin ist in
Fachkreisen für ihr Engagement und ihre Expertise bei Kängurubabys
bekannt. Als der Hilferuf kam, konnte sie wieder nicht „nein“ sagen. Wer
sonst in Deutschland hat auch immer einen Vorrat von importierter
australischer Kängurumilch zur Hand? Als Biga das Schnäuzchen mit einem
Tropfen dieser Milch benetzt, zeigt Krümel die ersten räkelnden
Lebenszeichen, trinkt zwei Tröpfchen aus der Pipette. Dann wird das
Bäuchlein massiert und Krümel kommt in einen Minibeutel, der im
Brutschrank hängt. Damit das Würmchen sich geborgen fühlt, spielt ein
Herzschlagsimulator dem Beutelbaby die vertrauten Klänge einer lebenden
Mama vor. „Ich wusste schon, was auf mich zukommt, ich mach das ja nicht
zum ersten Mal“, seufzt Biga Alle zwei Stunden -Tag und Nacht - gabs
wieder ein paar Tropfen Milch, dann musste der Kleine sauber gemacht
werden. „In der Natur schleckt die Mutter ihren Beutel sauber – aber bei
aller Liebe wollte ich doch nicht so weit gehen“, lacht Biga. Sie setzt da
doch lieber auf Tempos und Feuchttücher. Es grenzt an ein Wunder, doch
inzwischen ist Krümel über den Berg, kann schon alleine stehen und sogar
ein bisschen hüpfen. „Der Aufwand ist eigentlich Wahnsinn aber man glaubt
nicht, wie innig so ein Verhältnis wird, fast wie zu meiner eigenen
Tochter.“ Biga weiß: “ Es lohnt sich. All die Liebe, die unsere Tiere
empfangen, geben sie uns zurück.“
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