Rettung im Jägerhaus Hirschkalb Anastasia - Die Prinzessin aus dem
Straßengraben Dunkle Augen unter langen Wimpern. Sehnsüchtig schaut
Anastasia über den Zaun. Ihre Familie bricht zum Waldspaziergang auf. Und
da will das Hirschkalb nicht alleine zuhause bleiben. Uschi Prem (44)
macht das Türchen auf und schon stolziert das grazile Hirschmädchen
anmutig über den Hof vom Forsthaus. Die Begrüßung vom Schäferhund ist ihr
ein bisschen zu wild. Mit einem kleinen Kick ihrer Hüfchen gibt sie ihm
das zu verstehen. Geweihe an der Scheune, Jagdmotive auf der Wand des
Forsthauses im idyllischen Risstal – es ist nicht zu übersehen: Das zarte
Bambi ist in eine Jägerfamilie geraten. Und es ist auch nicht zu
übersehen, dass sie sich als Teil der Familie fühlt. In den vier Monaten,
die das mutterlose Tierkind bei seinen Menschen lebt, ist das Forsthaus
seine Heimat geworden. Berufsjäger Robert Prem (47) hatte das Kälbchen aus
einem Straßengraben geborgen und zur Versorgung nach Hause gebracht.
Robert: “Die Mutter war nicht aufzufinden.“ Familie Prem ist auf solche
Notfälle eingestellt. In einem Naturgehege hinterm Haus springen drei
junge Gämsen, die diesen Sommer als verwaiste Findelkinder abgegeben
wurden. Als Gamswildreferent von Tirol ist der Jäger die beste
Anlaufstelle für ihre Rettung. Vor dem Ausflug gibt es noch einen Liter
warme Milch aus dem Fläschchen. So heftig nuckelt Anastasia daran, dass
die kleine Julia die Flasche nicht mehr halten kann. Uschi springt ein:
„Als Anastasia zu uns kam, ging das noch. Doch sie ist rasant gewachsen
und schon einen Kopf größer als Julia.“ Zwar nehmen Hirschkälber in ihrem
Alter schon Blätter und Knospen als feste Nahrung auf, „bis Dezember
trinken sie aber zusätzlich noch bei der Mutter“, weiß Robert. Doch auch
nach der üppigen Milchmahlzeit scheint sich ein Gefühl von „satt“ bei dem
jungen Tier nicht einzustellen. Auf dem Waldweg bleibt Anastasia immer
wieder stehen, um vom Grün am Wegesrand zu kosten. Manches mundet ihr
besser und sie vergisst darüber ihre Familie. Wenn sie sich nach dem
Geschmack von Töchterchen Julia (5) zu lange mit Futtern aufhält, ruft sie
ihr ein strenges „Kimmst“ (kommst Du) zu und Anastasia folgt im leichten
Trab. Ohne Eile und anmutig, wie eine richtige Prinzessin. Ganz alleine
und ohne ihre Familie würde sich Anastasia nicht in den Wald wagen.
Deshalb kann die Tür zum Hof und Garten bei den Prems immer offen stehen.
Uschi: „Sie ist bei uns zuhause und hat keine Lust auf Veränderung.“ Seit
ihr Pflegekind allerdings schon so groß ist, achtet Uschi darauf, dass die
Tür zur Wohnung stets zu ist. Denn die Wohnung im Forsthaus, wo sie in den
ersten schweren Tagen versorgt und umhegt wurde, ist noch immer ein Magnet
für das Hirschmädchen. Uschi: „Hirsche sind leider nicht stubenrein und
Anastasia kostet heute von allem Grün in Vasen und Töpfen. Vor ein paar
Monaten hätte sie da nicht ran gereicht. Jetzt geht schon mal was zu
Bruch.“ Claus M. Schmidt
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