Rentiernomaden im Altai animal.press s3486 Bei den Hütern der Rentiere
Vorspann Wer gutes Wetter und strahlend blauen Himmel sucht, der ist im
Norden der Mongolei goldrichtig. 260 Sonnentage im Jahr! Allerdings
beginnt der Winter hier schon im September, währt bis zum Mai. Und trotz
fast durchgehend strahlenden Sonnenscheins fällt die Temperatur oft bis
auf 30 Grad unter null. Ein hartes Leben für Mensch und Tier. Und doch ein
Urlaubsziel und Sehnsuchtsort für immer mehr Besucher aus aller Welt, die
Natur pur erleben wollen. Lauftext Der nächste Flughafen der
Bezirkshauptstadt Mörön liegt ein paar Tagesreisen vom Nationalpark um den
Khovsgol See und das Altaigebirge entfernt. Auch wenn eine von
Naturschützern kritisierte neue Asphaltstraße den Weg verkürzt, bleibt die
Anreise eine Strapaze. Wer den Reisestress in Kauf nimmt, der ist noch
nicht am Ziel. Denn in dem Nationalpark geht es hier nicht zu, wie in den
bekannten und hoch entwickelten Safarigebieten Afrikas, wo Elefanten,
Löwen, Antilopen und Giraffen auf der offenen Savanne vor den Safarijeeps
posieren. An der Grenze zur sibirischen Taiga ist für Tierbeobachtungen
Geduld und Ausdauer gefragt. Und im unwegsamen Gelände ist noch immer ein
Pferd jedem Allradgetriebenen Fahrzeug überlegen. Aber echte Naturfans
schreckt das nicht. Wird die Mühe doch belohnt vom Erlebnis einer überaus
reichen Tierwelt, die sich in den Wäldern entdecken lässt. Bären, Wölfe,
Maral-Hirsche, Moschustiere, Luchse, Vielfraße, Sibirische Steinböcke,
Zobel und Schneeleoparden gehören zur Lebensgemeinschaft. Nicht weniger
als 300 Vogelarten wurden hier gezählt. Darunter See- und Steinadler,
Bussarde, Falken, Eulen, Schwarzstörche, Schnee-Eulen und das endemische
Altai-Königshuhn. Ein Dorado für Ornithologen, die sich bewaffnet mit
Bestimmungsbüchern, Artenlisten zum Abhaken der Sichtungen, Spektiven und
großkalibrigen Teleobjektiven in diesem weitgehend menschenleeren Revier
auf die Pirsch begeben. Viele lassen sich dabei führen von einheimischen
Kennern des Landes, die weder Kompass, noch Karte, noch Navi brauchen, um
genau zu wissen, wo sie sind und wo sich Tiere finden und beobachten
lassen. Sie nennen sich Tsaatan – die Rentierleute. 200 Familien dieser
Rentier-Nomaden führen heute noch das traditionelle Leben, das ihre
Vorfahren seit Jahrtausenden ernährte. Sie ziehen dahin, wo ihre Tiere am
Waldboden ihre ganz besondere Nahrung finden, die Rentierflechte. Diesen
Flechten begegnen wir in unseren Breiten meist in der Form von sogenanntem
„Irischem Moos“, das von Modelleisenbahnern und in Weihnachtskrippen als
Miniaturbuschwerk eingesetzt wird. Flechten sind eigenartige Gebilde –
nicht Pflanze, nicht Pilz, sondern eine Symbiose aus beidem. Der
Verdauungstrakt von Rentieren ist an diese karge Kost, die spärlich
verbreitet ist, angepasst. Im Winter suchen sie danach an schneefreien
Flächen unter Bäumen und Büschen oder scharren sie mit ihren breiten
Vorderhufen frei. Ist die Flechte abgegrast, dann müssen die Familien mit
ihren Rentieren weiter ziehen. Die Jurten, die typischen runden Zelte der
Region werden abgebaut. Zusammen mit dem gesamten Hausrat wird die Habe
inklusive der Babys auf Rentierschlitten gepackt. Größere Kinder reiten
auf speziell abgerichteten Rens. Am neuen Platz werden die Jurten wieder
aufgeschlagen. In der Umgebung finden die Tiere dann wieder Äsung für ein
paar Wochen. Für Menschen und Tiere ist das Leben auf ständiger
Wanderschaft voller Entsagung und Risiken. Kalte Winter, sommerliche
Dürren können ihre Herden und damit ihre Lebensgrundlagen gefährden. Viele
Familien haben ihr Nomadenleben und die Tierhaltung schon aufgegeben, sind
sesshaft geworden in festen Häusern. Besonders die junge Generation
flüchtet in die Städte, will ein modernes Leben führen mit elektrischem
Licht, Fernsehen und Internetzugang. Gefördert wurde die Abwanderung in
die Städte auch durch die Schulpflicht. Kinder der Nomaden wurden per
Helikopter für einige Monate im Jahr zum Unterricht in die Städte
gebracht, Familien außerhalb der Ferienzeiten getrennt. Das Ende der
uralten Kultur der Rentiernomaden schien schon in Sicht. Das hätte auch
das Aus für die Rentiere bedeutet, sind sie doch im Laufe ihrer Geschichte
von den einst wilden Rens zu Haustieren geworden, die ohne ihre
kenntnisreichen Hirten verloren sind. Doch nun gib es eine Chance für die
Herden und ihre Hüter. Um die Tradition der Rentierhirten zu bewahren,
schickt der Staat heute Lehrer zu den Familien. Die sind auf Zeit mit den
Nomaden unterwegs, geben Unterricht in den Jurten. Unverhoffte
Unterstützung erfährt der traditionellen Lebensstil seit einiger Zeit auch
von überraschender Seite: Naturtouristen. Die Jurte der traditionell
gastfreundlichen Nomaden wird für ein paar Nächte zur Pension für zahlende
Gäste. Auf den Spuren Dschingis Khans kann man tagsüber ausreiten und die
Natur entdecken. Der Tourismus bringt den Nomaden den Sommer über
Einkünfte, die nicht nur ihre Existenz sichern. Viele Familien beleuchten
ihre Jurten, hören Radio, sehen Fern und laden ihre Handys mit dem Strom
aus Sonnenkollektoren. Info: Das offizielle Portal der mongolischen
Tourismusseiten bietet Kontakt und Informationen zu Ornithologischen – und
anderen geführten naturkundlichen Reisen, sowie Übernachtungen in Jurten
mit und ohne Familienanschluss an: www.mongoliatourism.info
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